- serienjunkies
- News
- Reviews
Stand:
Von: Adam Arndt
Kommentare
Im gleichen Universum wie „The Batman“ spielt die neue HBO-Serie „The Penguin“, in der Colin Farrell als Oz Cobb von großer Macht in Gotham City träumt. Welchen Ersteindruck macht der Serienableger?
Spoilerwarnung - diese Meldung kann Hinweise auf die Fortführung der Handlung enthalten!
Batman ist zusammen mit Superman der DC-Held, dessen Figurenkosmos mit Abstand die meisten Realserien hervorgebracht hat. Nach den frühen Serials gibt es hier zum Beispiel „Batman 66“ zu nennen, aber auch Gotham, Pennyworth, Batwoman oder Gotham Knights, die mal mehr und mal weniger sinnige Formate darstellen. Dazu kommen unglaublich viele Animationsserien, zuletzt etwa Batman: Caped Crusader.
Jetzt das Angebot von WOW entdecken (Affiliate-Link)
Das muss man vor „The Penguin“ wissen
Nun erhält nach „Joker“ und Harley Quinn auch noch The Penguin ein eigenes Format, diesmal als zunächst achtteilige Serie, die nach den Ereignissen aus Matt Reeves' „The Batman“ spielt. Dort hatte der Riddler (Paul Dano) Gotham City durch eine Flut ins Chaos gestürzt. Außerdem gab es bei dem organisierten Verbrechen eine große Änderung, denn Carmine Falcone (John Turturro) wurde ermordet. Um seine Nachfolge dreht sich nun die für HBO und Max produzierte Serie mit Colin Farrell (True Detective) unter vielen Schichten Make-up und dem verkürzten Namen Oz Cobb. Sowohl die Familienmitglieder von Falcone als auch die Maronis wollen nämlich die Nachfolge antreten, aber Oz hat auch hier eindeutige Ambitionen...
Darum geht es in der Serie „The Penguin“
In der 67-minütigen Pilotepisode sehen wir die direkten Nachwehen von „The Batman“ - und Oz Cobb wittert seine Chance. Im Verlauf der Episode trifft er auf Alberto Falcone (Michael Zegen, The Marvelous Mrs. Maisel), der der logische Nachfolger seines Vaters wäre, nur hat der ein massives Drogenproblem. Als er den Penguin auslacht, platzt diesem der Kragen und er erschießt ihn kaltblütig im Affekt. Nun stellt sich die Frage, was er mit der Leiche anstellt...
Dabei trifft er auf eine Gruppe Jugendlicher, die sein Auto klauen wollen. Rhenzy Feliz (Marvel's Runaways) aka Victor Aguilar wird dabei zu seinem unfreiwilligen Verbrecher-Azubi, der in die düstere Welt Gothams eingeführt wird, die voller Verbrecher, korrupter Bullen, käuflicher Frauen und mehr besteht. Außerdem lernt er auch Oz' demente Mutter kennen.
Der Mord an Falcone Jr. löst eine Folge von Ereignissen aus, die Oz wohl nicht bedacht hatte, denn seine Schwester Sofia Falcone (Cristin Milioti, How I Met Your Mother), die frisch aus dem Arkham Asylum entlassen wurde, möchte das Erbe des Vaters ebenfalls nicht aufgeben.
Außerdem ein Wort mitreden möchten die inhaftierten Bosse anderer Familien, darunter Clancy Brown (Sleepy Hollow, Gen V) als Salvatore Maroni und Shohreh Aghdashloo (The Expanse) als Nadia Maroni, mit denen sich Oz im Gefängnis trifft und deren Aufträge ausführt... oder eben nicht.
Im Zentrum steht dabei vor allem auch der Konflikt zwischen dem Penguin und der sehr unberechenbaren Sofia, wobei Oz oftmals haarscharf am eigenen Ableben vorbeischrammt, aber selbst auch nicht gerade zimperlich mit anderen umgeht, um seine eigene Haut zu retten. Gibt es vielleicht sogar die Möglichkeit, dass beide voneinander profitieren und die aktuellen Oberhäupter attackieren? Wer wird sich am Ende an die Spitze der Unterwelt Gothams setzen können?
Produziert wird „The Penguin“ übrigens vom Regisseur Reeves, Hauptdarsteller Farrell, Dylan Clark und Laren LeFranc (Chuck, Marvel's Agents of S.H.I.E.L.D.), die zudem als Showrunnerin fungiert. Die Inszenierung übernahm Craig Zobel, der für HBO zuletzt die Krimiserie Mare of Easttown umgesetzt hatte.
Wie schon bei „The Batman“ gibt es einige erzählerische Längen bei „The Penguin“, aber auch gute Performances
Weil die Serie, ähnlich wie Peacemaker, in einem im Kino etablierten Universum verortet ist, gibt es eine gewisse Vertrautheit mit der Hauptfigur, die nun aber deutlich mehr Screentime erhält. Dabei stellt sich unweigerlich die Frage, ob sie diese rund acht Stunden trägt. Die Pilotfolge (und die zweite Episode, die ich zusätzlich vorab gesehen habe) lassen mich etwas daran zweifeln... Atmosphärisch bleibt man nah an „The Batman“ dran und darf wegen der Freiheit, die ein Streaminganbieter liefert, auch auf Gewaltausbrüche und explizite Sprache (f-bombs wie bei „Harley Quinn“ und „The Suicide Squad“) setzen.
Als langjähriger „Batman“-Fan weiß ich auch, dass viele der stärksten Batman-Geschichten rund um das organisierte Verbrechen handeln, man denke nur an „The Long Halloween“, „Dark Victory“ oder „Year One“, die auch hier wieder zahlreiche Figuren stellen. Allerdings gibt es ein ähnliches Problem wie bei Gotham oder Pennyworth, denn ohne eine Art von dunklem Ritter kann das fernab der Comics auch mal etwas langatmig werden. Dabei sind die schauspielerische Ebene, der Score und die Atmosphäre eigentlich jeweils auf sehr gutem Niveau.
Ob ich allerdings beispielsweise Victor als Figur bräuchte, steht auf einem anderen Blatt. Die alte TV-Autoren-Weisheit, die auch in Comics oft angewendet wird, lautet wohl, dass man den Zuschauern gewisse Dinge durch ein frisches Paar Augen zeigt. Dafür ist hier eindeutig Victor gedacht. Es fühlt sich bisweilen allerdings wie eine erzählerische Krücke an...
Kann der Mafia-Plot mit den Großen mithalten?
Erschwerend kommt noch hinzu, dass es bereits viele starke Mafia-Stoffe in Film und Fernsehen gibt, wenn man mal an The Sopranos (von vielen als eine der besten HBO-Serien überhaupt eingeschätzt), Boardwalk Empire, Magic City, die „Der-Pate“-Trilogie, zahlreiche Scorsese-Filme oder auch das asiatische Kino denkt. Ich bin hier in dem Punkt noch nicht überzeugt, finde aber, dass es in den Comics durchaus Storys gibt, die da spannende Konflikte zeigen und daher ausgecheckt werden sollten.
DC vs. Marvel und die unterschiedlichen Ansätze
Interessanterweise starten in der gleichen Woche zwei Comicstoffe im Streamingbereich, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Das ist natürlich durchaus positiv, denn nicht jeder mag das Gleiche. Während „The Penguin“ HBO-typisch mit rund einstündigen oder sogar längeren Folgen aufwartet - offenbar auch, weil das einfach Tradition hat -, beweist Marvel bei Agatha All Along - was wahrscheinlich auch effekttechnisch etwas teurer und anspruchsvoller sein dürfte - den Mut zur Kürze. Ich muss mich als größerer Fan der Marvel-Variante outen, denn, obwohl beide Figuren eher aus der zweiten Reihe stammen, hat „Agatha“ in meinen Augen etwas mehr Kurzweiligkeit zu bieten.
Beide haben außerdem Schurken im Mittelpunkt, was bei manchen Zuschauern den Zugang generell erschweren könnte. Denn: Sollte man solche Charaktere wirklich anhimmeln? Natürlich haben Serien spätestens seit „The Sopranos“, Breaking Bad, Dexter oder The Wire bewiesen, dass auch komplexe Figuren spannende Serienstoffe bilden können. Es braucht eben nicht unbedingt immer strahlende Helden, sondern die Zuschauer sollten in der Lage sein zu abstrahieren.
Fazit
„The Penguin“ hat einige interessante Aspekte, einen starken Cast und eine gute, dichte Atmosphäre zu bieten, die merklich in der gleichen düsteren und realistischeren Welt von „The Batman“ spielt. Allerdings gibt es eben auch Längen und ich habe Schwierigkeiten, mich in die Story reinziehen zu lassen sowie Figuren, deren Daseinsberechtigung man durchaus kritisch hinterfragen kann. Darum ist der Einstieg leider nicht ganz das, was ich mir versprochen hatte.
Als Charakterstudie und Versuch, einem „Batman“-Schurken einmal dezidiert etwas mehr Fokus als nur in einem Film oder einer Animationsserie zu geben, kann das als Miniserie aber durchaus ein spannendes Projekt sein. Für die weitere Folgen würde ich mir dahingehend vielleicht etwas mehr Abwechslung und Spritzigkeit wünschen, denn die großen Vorbilder (und die Comics) haben hier schon ordentlich vorgelegt. Peacemaker, „Joker“ oder „The Suicide Squad“ haben die Schurken ebenfalls bereits in interessante Ansätze gesteckt, warum dann nicht auch Oz Cobb?
Daher vergeben wir drei bis dreieinhalb Fake-Alibis für die nun an den Start gebrachte Serie „The Penguin“.